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Einzelprojekt 5: Modellierung der Auftrittswahrscheinlichkeiten fluidinduzierter Erdbeben mit einer gegebenen Magnitude bei der Stimulation geothermischer Systeme

Eine bisher weniger erforschte Charakteristik fluidinduzierter Seismizität ist deren Magnitudenstatistik. Die Relaxation der Perturbationen von elastischer Spannung und Porenfluiddruck, die durch die Injektion hervorgerufen werden, kontrollieren das zeitlich-räumliche Auftreten der Erdbeben (Pearson, 1981, Talwani & Acree, 1985, Shapiro et al., 1997). Dieser Relaxationsprozess kann mit der (nichtlinearen) Diffusion des Fluiddruckes im Gesteinsporenraum beschrieben werden (Shapiro & Dinske, 2009). Die tektonische Spannung in der oberen Erdkruste ist stellenweise nahe einem Zustand, bei dem bereits kleine Störungen genügen, um seismische Aktivität auszulösen. Das Einpressen von Fluid verursacht ein Ansteigen des Fluiddruckes im verbundenen Gesteinsporenraum und im vorhandenen natürlichen Bruch- beziehungsweise Risssystem. Der erhöhte Porenfluiddruck bewirkt eine Verringerung der effektiven Normalspannung. Entsprechend dem Mohr-Coulomb-Bruchkriterium werden bei Überschreiten der Scherfestigkeit des Gesteines vorhandene Risse, Klüfte oder auch großräumige Verwerfungszonen reaktiviert und somit seismische Ereignisse ausgelöst.

Ziel des Einzelprojektes ist es, einen Modellierungsansatz zu erarbeiten, der es ermöglicht, auf der Grundlage von Injektionsparametern und seismotektonischen Eigenschaften geothermischer Systeme die Entwicklung der Magnitudenstatistik fluidinduzierter Erdbeben vorherzusagen. Dieser Ansatz soll zur Bestimmung der seismischen Gefährdung, die von der hydraulischen Stimulation geothermischer Reservoire ausgeht, anwendbar sein. Ebenfalls soll das entwickelte Modell auch dazu beitragen, das grundsätzliche physikalische Verständnis fluidinduzierter Seismizität zu erweitern und somit eine Grundlage für das Verständnis der Seismizität während des normalen Betriebs geothermischer Systeme schaffen. Es wird erwartet, dass der entwickelte Modellierungsansatz in der 'seismic response procedure' (Ampelsystem) Anwendung findet und somit am sicheren Betrieb eines geothermischen Systems mitwirkt. Ein Schwerpunkt des Projektes ist die Untersuchung der grundlegenden Physik der fluidinduzierten Seismizität, die nach der Stimulationsphase auftritt. Von gesteigertem Interesse unserer Forschung sind besonders signifikante seismische Ereignisse, die während aber auch nach der hydraulischen Stimulation auftreten.

EP5 beschäftigt sich also mit folgenden Fragestellungen:

  • Welche Injektions- und seismotektonischen Parameter kontrollieren die Statistik der Seismizität während und nach einer Stimulation?
  • Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus einer Analyse der Wartezeiten zwischen aufeinander folgenden seismischen Ereignissen ziehen?
  • Welche Skalierungsgesetze gelten für fluidinduzierte Seismizität? In wie weit können Skalierungsgesetze natürlicher Seismizität übertragen werden (wie z. B. Omori Gesetz, Gutenberg Richter Gesetz)?
  • Welche Auswirkungen hat eine nicht monotone Fließrate auf die Statistik induzierter Seismizität? Welche Gefahren bzw. welcher Nutzen entsteht hierbei?
  • Welche Unterschiede zwischen der Stimulationsphase und dem normalen Betrieb geothermischer Systeme haben eine seismogene Bedeutung?
  • Wie können Abweichungen (z.B. das Auftreten signifikanter Ereignisse) von der „normalen“ Seismizitätsstatistik erklärt werden?
  • Was für eine Rolle spielt hierbei die Statistik der Gesteinsfestigkeit? Wie kann ein Reservoir mit mehreren Bruchsystemen statistisch beschrieben werden?
  • Welchen Einfluss hat hydraulische Heterogenität und Anisotropie in geothermischen Systemen auf die Statistik der Seismizität?
  • Welche Bedeutung haben Kopplungsphänomene wie Nichtlinearität, Poroelastizität und Thermoelastizität?
  • Welche maßgeblichen Parameter induzierter Seismizität lassen sich aus kurzzeitigen Injektionsexperimenten abschätzen?

Es ist geplant, diese Fragestellungen auf Grundlage theoretischer und numerischer Untersuchungen zu bearbeiten. Für die numerische Modellierung werden kommerzielle Pakete zur Simulation fluidinduzierter Erdbeben eingesetzt. Die Ergebnisse der theoretischen und der numerischen Studien werden dann mit realen Beobachtungen an geothermischen Systemen verglichen. Die Modelle werden entsprechend den resultierenden Erkenntnissen modifiziert. Hierdurch wird Schritt für Schritt ein Modell entwickelt, welches die Einflüsse der oben genannten Parameter bestmöglich beschreibt.

Balkenplan EP5 (PDF, 10 KB)
Einzelprojekt 5 - Stand der Arbeiten (03/2012) (PDF, 13 MB)
Einzelprojekt 5 - Stand der Arbeiten (10/2012) (PDF, 3 MB)
Einzelprojekt 5 - Stand der Arbeiten (04/2013) (PDF, 4 MB)
Einzelprojekt 5 - MAGS-Abschlussworkshop (09/2013) (PDF, 4 MB)
Abschlussbericht EP5 (FU Berlin) - Modellierung der Auftrittswahrscheinlichkeiten fluidinduzierter Erdbeben mit einer gegebenen Magnitude bei der Stimulation geothermischer Systeme (PDF, 5 MB)

Referenzen

Pearson, C., 1981. The relationship between microseismicity and high pore pressures during hydraulic stimulation experiments in low permeability granitic rocks. Journal of Geophysical Research, 86, 7855–7864. Link

Shapiro, S. A., Huenges, E. & Borm, G., 1997. Estimating the crust permeability from fluid-injection-induced seismic emission at the KTB site. Geophys. J. Internat., 131, F15–F18. Link

Shapiro, S. A., & C. Dinske, 2009. Scaling of seismicity induced by nonlinear fluid-rock interaction. Journal of Geophysical Research, 114, B09, 307, doi:10.1029/2008JB006,145. Link

Talwani, P. & Acree, S., 1985. Pore pressure diffusion and the mechanism of reservoir induced seismicity. Pure and Applied Geophysics, 122, 947–965. Link

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