Soil Inference and Mapping Project (SIAM)
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 01.07.2007
Projektende: 30.06.2010
Projektstand: 30.04.2011
Im Projekt SIAM wurden digitale Kartiermethoden entwickelt und getestet, die für die Bodenübersichtskarte 1:200 000 (BÜK200) in den Bereichen
- Prognose von Bodeninformationen in Bereichen mit lückenhafter Kartierung und
- Qualitätssicherung und Harmonisierung beim Zusammenführen von Bodeninformationen unterschiedlicher Qualität und Herkunft
verwendet werden können.
Hintergrund
Für die BÜK200 werden seit 1997 Bodendaten aus den Bundesländern, die über mehrere Jahrzehnte erhoben wurden, zu einer blattschnittfreien, einheitlichen Übersichtskarte und Bodendatenbank zusammengeführt. Durch den langen Erhebungszeitraum und unterschiedliche Kartierverfahren in den Bundesländern muss von einer heterogenen Datengrundlage ausgegangen werden. Das macht umfangreiche Qualitätskontrollen und Harmonisierungsschritte erforderlich. Die blattschnittgebundene Bearbeitung führt dazu, dass sich für jedes Blatt aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlagen neue Anforderungen ergeben. Da nicht für die gesamte Fläche Deutschlands Bodenkarten größeren Maßstabs vorliegen, werden zunehmend Methoden zur Lückenfüllung und effizienten Kartierung für den Übersichtsmaßstab benötigt. Ähnliche Probleme werden bei der Entwicklung der europaweiten Bodenübersichtskarte 1:250 000 erwartet. Methoden aus dem Bereich der digitalen Bodenkartierung können hierfür zusätzliche Werkzeuge zur Verfügung stellen, deren Ergebnisse wiederholbar und nachvollziehbar sind.
Methode
Der Ansatz basiert auf repräsentativen Lerngebieten, die für jede Boden(groß)landschaft getrennt ausgewiesen werden. Mithilfe vorhandener Bodenkarten werden Regeln für die Verbreitung der Bodenformenassoziationen abgeleitet, die sich in Geoinformationssystemen als digitales Bodenlandschaftsmodell umsetzen lassen. Neben Bodendaten gehen flächendeckend vorhandene Geobasisdaten, insbesondere digitale Höhenmodelle und geologische Kartenwerke, in die Ableitung ein. Landschaftsabhängig können weitere Datensätze hinzugezogen werden, u.a. Hydrographie, Landnutzung, Satellitenbild-Auswertungen oder regionalisierte Bodeneigenschaften.
Die Regeln werden zunächst mit einem statistischen Verfahren (Classification Tree-Analyse) abgeleitet. Die dafür erforderliche Definition der zu kartierenden Bodenformenassoziationen und die Abgrenzung der Bodengroßlandschaft bzw. Bodenlandschaft, für die das Modell angewendet werden kann, erfolgt unter Berücksichtigung des verfügbaren expertenbasierten Wissens – durch Beteiligung erfahrender Bodenkartierer und unter Einbeziehung der verfügbaren bodenkundlichen Grundlagen. Die statistisch abgeleiteten Regeln werden in einem weiteren Schritt auf Plausibilität überprüft. Auch die Vorgaben durch die bereits existierende Struktur der BÜK200-Rahmenlegende werden berücksichtigt. Dabei können auch von der statistischen Analyse abweichende, expertenbasierte Abgrenzungskriterien ergänzt werden, wobei sichergestellt ist, dass an jeder Stelle des Modells die zugrundeliegenden Regeln eindeutig nachvollziehbar sind.
Das Verfahren ist somit ein Hybridmodell aus einem statistischen und einem wissensbasierten Modell, was die Umsetzung eines zweistufigen Zielprodukts (Bodengroßlandschaften und Leitbodenassoziationen gem. Ad-hoc AG Boden 2005) ermöglicht. Eine Validierung der Modelle erfolgt anhand verfügbarer unabhängiger Referenzkartierungen.
Anwendung
Im Projekt SIAM wurde das Verfahren im rheinischen Schiefergebirge (Berglandanteil des Blattes Köln der Topographischen Übersichtskarte 1:200 000) begleitend zu einer klassischen Kartierung durch Aggregierung höherauflösender Kartierdaten entwickelt und validiert. Der Einsatz für die Bearbeitung weiterer Kartenblätter, in denen keine lückenlose Abdeckung mit großmaßstäbigen Bodenkarten gegeben ist, ist in Vorbereitung.
Neben dem Einsatz in der Lückenfüllung stellen die Modelle eine unabhängige Datengrundlage dar, anhand derer unterschiedliche bodenkundliche Kartengrundlagen auf ihre Plausibilität hin überprüft werden können. Solche Unterschiede in der Bodenkartierung sind neben landschaftsbedingten Unterschieden und Änderungen in der Bodensystematik auch darauf zurückzuführen, dass in der Bodenkartierung die tatsächliche Bodenbeobachtung immer nur punktuell erfolgen kann. Zur Erstellung von flächenhaften Bodenkarten ist daher das Landschaftsverständnis eines erfahrenen Bodenkartierers erforderlich, der in der Lage sein muss, zwischen diesen Punktaufnahmen zu interpolieren. Die Classification Tree-Analyse ermöglicht es zumindest teilweise, diese den Grundlagenkarten in der Regel nur implizit zugrunde liegenden Landschaftsmodelle der unterschiedlichen Kartierer als Regelwerk zu extrahieren und so Unterschiede in den Karten besser nachzuvollziehen und bewerten zu können.
Partner
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Geologischer Dienst Nordrhein-Westfalen
Literatur
Willer, J., Baritz, R., Eberhardt, E. & Jahn, R. (2010): Predictive soil mapping as a means to aggregate and improve existing soil databases using classification trees and knowledge integration. 19th World Congress of Soil Science - Soil solutions for a changing world. Brisbane, Australia, p. 38-41. (pdf)
Willer, J., Baritz, R., Eberhardt, E., Milbert, G. & Jahn, R. (2009): Projekt SIAM - Entwicklung eines Boden-Landschaftsmodells zur Datenharmonisierung und Qualitätssicherung für Bodenübersichtskarten. Böden - eine endliche Ressource, Jahrestagung der DBG, Bonn. (pdf)