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Pressemitteilung |
Hannover, 19.12.2024
BGR-Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland:
Konjunkturschwäche führt zu deutlich geringerem Rohstoffbedarf der Industrie
Der Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung spiegelt sich deutlich im gesunkenen Rohstoffbedarf der heimischen Industrie wider. So befand sich die Inlandsproduktion mineralischer Rohstoffe im Jahr 2023 mit 534 Millionen Tonnen auf einem historisch niedrigen Niveau und verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 8 Prozent. Das geht aus dem heute veröffentlichten aktuellen Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hervor.
Seit 2020 ist die deutsche Rohstoffproduktion stark rückläufig. Insbesondere bei Sand und Kies ging die Förderung seitdem stetig zurück – um insgesamt rund 19 Prozent auf zuletzt 232 Millionen Tonnen. Auch die Fördermengen weiterer Baurohstoffe und Industrieminerale sind zum Teil stark rückläufig. Bis auf wenige Ausnahmen lagen diese deutlich unterhalb des Niveaus von Mitte der 2010er Jahre. Nicht besser sieht es bei den Energierohstoffen aus. Dort sanken die Produktionsmengen gegenüber dem Vorjahr weiter: bei Erdgas, Erdölgas und Grubengas (insgesamt 4,8 Mrd. m3) um rund 12 Prozent, bei Erdöl (1,6 Mio. t) um knapp 4 Prozent. Die Braunkohlenförderung ging sogar um rund 22 Prozent auf 102,1 Millionen Tonnen zurück.
Beim Produktionswert der heimischen Rohstoffe lagen Sand und Kies (2,8 Mrd. €) wieder vor Erdgas und Erdölgas (2,1 Mrd. €), gefolgt von Kali- und Kalisalzprodukten (2,1 Mrd. €) sowie Braunkohle (1,9 Mrd. €). Bei insgesamt gesunkener und im Bereich der Baurohstoffe stark rückläufiger Rohstoffproduktion ist auch der Wert der geförderten heimischen Rohstoffe gesunken. Er lag 2023 – auch bedingt durch die gefallenen Rohstoffpreise – bei 14,5 Milliarden Euro. Das ist ein Minus von knapp 23 Prozent.
„Die Ursachen für den rückläufigen Bedarf an mineralischen Rohstoffen und ihren nachgelagerten Produkten liegen in einer konjunkturellen Schwäche infolge deutlich gestiegener Zinsen und einer hohen Inflation. Letzteres steht in Verbindung mit den – durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine – stark gestiegenen Energiepreisen“, erklärt Dr. Michael Szurlies, Leiter des Arbeitsbereichs „Verfügbarkeit mineralischer Rohstoffe“ in der BGR und Mitautor des Rohstoffsituationsberichts. „Darüber hinaus tragen die seit der Corona-Pandemie deutlich gestiegenen Transportkosten zur Preiserhöhung bei Rohstoffen und nachgelagerten Produkten bei“, erläutert Szurlies.
Der geringere Rohstoffbedarf der heimischen Industrie führte 2023 zu einem mengenmäßig erneut deutlichen Rückgang der deutschen Rohstoffimporte. Mit 298,4 Millionen Tonnen sanken sie um knapp 13 Prozent und lagen erstmals seit 2009 unterhalb der Marke von 300 Millionen Tonnen. Ursächlich dafür waren insbesondere die verringerten Einfuhren bei Energierohstoffen. Rückläufig waren auch die Importe von Nichtmetallen und Metallen. Der Wert der Einfuhren sank dabei um rund 31 Prozent auf 216,2 Milliarden Euro, wobei ein wesentlicher Grund dafür auch in den rückläufigen Rohstoffpreisen zu sehen ist. „Teilweise zeigt sich eine Diversifizierung der Rohstoffeinfuhren“, erläutert Sören Henning, Koordinator des Berichts zur Rohstoffsituation. „So sanken beispielsweise die Rohstoffimporte aus der Russischen Föderation um über 90 Prozent, wodurch das Land in der Einfuhrstatistik von Rang 2 im Jahr 2022 auf Position 21 der deutschen Rohstofflieferländer abrutschte“, so Henning.
Auch die Produktion der besonders energieintensiven deutschen Nichteisenmetallindustrie sank 2023 mit knapp 10 Prozent erneut deutlich. Insbesondere die Erzeugung von Rohaluminium aus Hütten- und Recyclingaluminium verzeichnete – nach einem deutlichen Rückgang von zuvor bereits 24 Prozent – im Berichtsjahr ein weiteres signifikantes Minus von 18 Prozent.
Positiv ist die Entwicklung bei den Recyclingrohstoffen. Vor allem bei der Produktion der Basismetalle leistet ihr Einsatz einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung sowie zum Umwelt- und Ressourcenschutz. In der deutschen Raffinade- und Rohstahlproduktion stammten 2023 beispielsweise etwa 73 Prozent des Bleis, 72 Prozent des Aluminiums, 43 Prozent des Kupfers sowie 42 Prozent des Rohstahls aus dem Angebot von Recyclingrohstoffen. Bei den meisten anderen Metallen trägt das Recycling bisher allerdings kaum oder gar nicht zur Bedarfsdeckung bei.
Im Bereich der von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffe gewinnt Deutschland aktuell nur die Industrieminerale Fluss- und Schwerspat, Feldspat, Graphit sowie grobkörnigen Quarz bzw. Quarzkies als mögliche Vorprodukte für die Herstellung von Silizium. Allerdings sind auch mehr als 100 Explorationsprojekte in Deutschland erfasst, die zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung der heimischen Industrie leisten könnten. Viele der Explorationsvorhaben fokussieren sich derzeit in erster Linie auf Lithium, Kupfer und Flussspat. Allerdings befindet sich ein Großteil dieser Projekte erst in einer frühen Phase der Exploration. „Aktuell können Unternehmen bei der Europäischen Kommission einen Antrag für die Einstufung als ‚Strategisches Projekt‘ stellen, wodurch schnellere Genehmigungsverfahren und Unterstützung bei der Beschaffung von Finanzierungen ermöglicht werden sollen“, erklärt BGR-Experte Szurlies. „In Deutschland soll zukünftig der Rohstofffonds der Bundesregierung Projekte in den Bereichen Gewinnung, Verarbeitung und Recycling kritischer Rohstoffe fördern und damit die nachhaltige Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft unterstützen“, so Szurlies.
Die BGR veröffentlicht seit 1980 jährlich den Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland. Für die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft ist der Bericht eine wichtige Informationsgrundlage. Gerade mit Blick auf die Ziele der Energie- und Verkehrswende sowie für Maßnahmen zur Digitalisierung und zum Wohnungsbau werden in großem Maße mineralische Rohstoffe benötigt.
Link zur Studie:
https://www.bgr.bund.de/rohstoffsituationsbericht-2023
Fachlicher Kontakt: Sören Henning, Tel.: 0511 643-3192, |
Pressesprecher BGR: Andreas Beuge, Tel.: 0511 643 2679, Mobil: +49 170 085 696 62 |